R: Max Claessen B&K: Ilka Meier V: Andreas Klein E: Claudia Hübschmann, Ilja Harries, Garry Fischmann, Natalia Josselewitsch,Jonas Riemer, Sven Staatsmann (Kamera)
Stück zur Stunde
Diese Laborsituation in einem Apartment mit offenen Wänden ist wahrlich ein Stück zur Stunde. Ätzend scharf legt Falk Richter in »Je Suis Fassbinder« die Verunsicherung der Gesellschaft frei. All die Leute, die sich nicht mehr auskennen zwischen den Verheißungen der Demokratie und der Sehnsucht nach einer starken Führung. Das Schauspiel in Münster startet mit einer politischen Setzung in der Spielzeit. […]
Max Claessen inszeniert stilsicher und pointiert. Die Bühne (Ausstattung: Ilka Meiner) ist ein Apartment mit Bad und Schlafzimmer, mit dauerlaufendem Fernseher und Küchenzeile. Das Publikum in Kleinen Haus sitzt auf beiden Seiten dieser Bühne. […] Ilja Harjes gibt den Regisseur, der an den Unzulänglichkeiten seiner Mitstreiter verzweifelt, er ist die Figur »Ilja« in dem Film, den er »dreht« und manchmal ist er auch noch Fassbinder, der Originaltext aus dem alten Film spricht. Und auch die anderen agieren auf mehreren Handlungsebenen, so dass sich immer wieder Sinnscheren öffnen zwischen banalen Alltagsaktionen wie einer immer kindlicheren Mahlzeit mit Spaghetti und Debatten, in denen Ilja, Garry, Claudia, Jonas Riemer und Natalja Joselewitsch die Verstörtheiten der Gegenwart austragen.[…]
Das hat in Münster die nötige Wucht und Verspieltheit. Das Ensemble setzt die bestimmt nicht einfache Vorlage souverän um […]
(Ralf Stiftel, Westfälischer Anzeiger)
„Die sanften Gitarrenklänge von Ilja Harjes ironisieren die flammende Wahlkampf-Rede gegen die AfD am Ende des Stücks durch einen Hauch von Heilsarmee. Erst hier wird deutlich, dass es Max Claessen in seiner Regie um ein kritisches Psychogramm der alt gewordenen, einst gesellschaftskritischen Fassbinder-Generation und deren Kinder geht, für die „Je suis…“- Generation ein passender Begriff sein dürfte. Er macht die angelernte Empfindsamkeit und Liberalität im politischen Diskurs sichtbar, die keine Basis im Verhalten derer hat, die sich auf jedes Signal hin reflexhaft mit der kostenfreien Identifizierung „je suis …“ als Betroffene zeigen.“
(Hanns Butterhof, ioco Kultur im Netz)